Gleich neun Kantone hatten in den Jahren 2019 und 2020 Standesinitiativen eingereicht, die alle dasselbe Ziel verfolgen: Fliegen soll die Klimaschäden, die es verursacht, besser abgelten. Reisen am Boden soll gegenüber Flugreisen konkurrenzfähiger werden. Nun hat der Nationalrat am 23. September 2021 darüber abgestimmt und sämtliche neun Begehren verworfen, wie zuvor schon der Ständerat. Selbst die Grünliberalen haben sich meistens der Stimme enthalten. Was ist das für eine Botschaft?

Die Standesinitiativen stammten aus den Kantonen BE, SG, GE, LU, VS, FR, NE, BL und BS. Nehmen wir mal an, aus diesen Kantonen hätten sich sämtliche Nationalrätinnen und Nationalräte hinter das Anliegen ihres Kantons gestellt, dann wären bereits 87 Stimmen beisammen gewesen. Zusammen mit den Grünen- und SP-Vertretungen der anderen Kantone hätte es locker für mehr als die Hälfte gereicht. Aber eben: Die Bürgerlichen im Nationalrat haben nicht im Sinne ihres Kantons gestimmt, sondern nach Parteidoktrin. Das Resultat war durchgehend ähnlich, mit 75 bis 81 Ja-Stimmen.

Als Begründung für die Ablehnung wurde auf die Abstimmung vom 13. Juni verwiesen: Bekanntlich hat dannzumal eine knappe Mehrheit der Stimmenden die Revision des CO2-Gesetzes abgelehnt. Und die Flugticketabgabe war Teil dieser Vorlage. Ist das also ein Grund, um das Thema nun nicht wieder aufzugreifen, sondern ganz zu verbannen? Ich finde, dass dies eine falsche Schlussfolgerung ist. Es gab unterschiedliche Erklärungen für das Nein zum CO2-Gesetz, und allein die Abgabe auf den Flugtickets hätte das Gesetz sicher nicht zu Fall gebracht. Abstimmungen, die seither auf kantonaler Ebene (GL, BE) stattfanden, zeigen: Nicht das Anliegen, CO2 zu reduzieren, wurde abgelehnt; ausschlaggebend war offensichtlich der Zeitpunkt und das Zusammentreffen der fünf Abstimmungen.

Hinzu kommt, dass mehrere der kantonalen Standesinitiativen etwas forderten, das gar nicht Gegenstand des CO2-Gesetzes war: Eine Steuer auf Flugbenzin/Kerosin respektive den Einsatz der Schweiz für deren internationale Einführung. Hier versagt das Argument endgültig, dass man kurz nach dem Volks-Nein nicht schon wieder politisch aktiv werden solle. Nichtsdestotrotz: Die  rechte Ratshälfte blieb stur bei ihrem Nein. Beherzt, aber vergeblich, hat mit Priska Wismer (LU) eine Mitte-Politikerin versucht, eine Lanze fürs Klima zu brechen.

Dabei haben wir keine Zeit zu verlieren. Selbstverständlich müssen wir in der Schweiz möglichst bald und möglichst wirkungsvoll sämtliche Aspekte der gescheiterten Gesetzesrevision wieder aufgreifen. Die Klimakrise ist real, das ist uns seit dem 13. Juni weltweit vor Augen geführt worden. Wenn nicht in einem Aufwisch, dann eben Schritt für Schritt, besser Eilschritt für Eilschritt, müssen wir von den fossilen Treibstoffen und Brennstoffen wegkommen. Netto-Null kommt nicht von selbst.

Beim Flugverkehr heisst das: deutlich verteuern! Wie zum Beispiel der Kanton Basel-Land in seiner Standesinitiative 20.319 zur Begründung festhielt: „Heute gilt für den Flugverkehr das Gegenteil des Verursacherprinzips. Das Fliegen wird im Gegensatz zu anderen Mobilitätsformen sogar steuerlich bevorzugt. Der internationale Flugverkehr zahlt z.B. weder eine Mehrwertsteuer noch eine Mineralölsteuer.“ Darum: Externe Kosten müssen Teil des Flugpreises werden. Nur so wird es attraktiver, Konferenzen per Video durchzuführen statt auf die andere Seite der Erde zu fliegen. Und was die Ferienreisen betrifft: Zug und Fähre statt Flug.