Zwei zurücktretende Regierungsmitglieder, zwei Ersatzwahlen garantiert ohne Sitzverlust oder -gewinn für irgendeine Partei; jeweils ein Zweierticket, das von fast niemandem in Zweifel gezogen wurde: Man könnte sich die Ausgangslage für Wahlen spannender vorstellen. Fast aufregender schien die Verteilung der Departemente zu werden. Ich habe mir in den letzten Tagen die Frage gestellt: Was muss eigentlich eine Bundesrätin, ein Bundesrat können und wollen, damit es gut kommt?

Eine Bundesrätin, ein Bundesrat muss nach meiner Ansicht folgendes mitbringen: Erstens muss sie/er teamwillig sein. Ich bezeichne es bewusst als teamwillig und nicht (bloss) als teamfähig. Ein Mitglied unserer Regierung muss wollen, dass das Team als Ganzes füreinander und für die Sache, für das Land eintritt.

Zweitens muss ein Bundesrat, eine Bundesrätin Tatkraft und Gestaltungswille haben. Er/sie muss die Schweiz voranbringen, auch die Schweiz in der Welt. Das verlangt manchmal Mut. Es verlangt Widerrede gegenüber Zweiflerinnen und Populisten. Es verlangt Überzeugungskraft gegenüber der Bevölkerung: Aufklärung (tönt altmodisch, ist es nicht) mit innerem Feuer.

Drittens muss eine Ministerin, ein Minister führen können. Damit meine ich in erster Linie Menschenführung und gleich danach die Prozessgestaltung. Die beiden Schlüssel dafür heissen Kommunikation („rede mit de Lüüt“) und klare Struktursetzung. Gibt es Menschen, die das alles auf sich vereinen? 

Vermutlich geht es nicht nur mir so: Im ersten Moment habe ich entweder die «Macherin» vor Augen, die jedoch am liebsten solo unterwegs ist, oder aber den souveränen «Balancierer», der gut auf alle und alles eingeht, bloss am Schluss nicht vorwärts. Gleichwohl glaube ich daran, dass Persönlichkeiten zu finden sind, welche die genannten Kompetenzen vereinen.

Im Vorfeld der Bundesratswahl wurde kaum über solche fachlichen Anforderungen geschrieben oder gesprochen. Wenn in unserer Landesregierung Plätze neu zu besetzen sind, dann interessieren andere Merkmale: die Partei, die Landesgegend oder Sprachregion, das Geschlecht, ob eine Person sympathisch «rüberkommt» oder nicht, bei einer Frau zudem die Frage, ob sie jüngere Kinder hat oder nicht. Es wäre ja schön, wenn diese Frage bei nächster Gelegenheit (endlich) auch bei einem männlichen Kandidaten interessiert.

Kritik am Bundesrat – wird es nun besser?

Der bisherige Bundesrat steht in der Kritik. Zwar hat er die Pandemie insgesamt gut als Team gemeistert, aber ansonsten ist vom Kollektiv wenig zu spüren. Jede und jeder ist in erster Linie mit dem eigenen Departement beschäftigt. Vielleicht liegt das an den strukturellen Voraussetzungen. Sieben Ministerien sind für ein Land wie die Schweiz zu wenig; das jeweilige Aufgabenspektrum ist zu gross. Und ein jährlich wechselndes Bundesratspräsidium kann wenig gemeinsamen Schwung erzeugen. Gebremst wird im Bundesrat offenbar von einer Mehrheit (siehe Europa-Dossier), aber die anspruchsvollen Dossiers voranbringen sollte die oder der Einzelne (siehe zum Beispiel Gesundheitspolitik und Berset).

Die erste Aufgabe des teilweise neu zusammengesetzten Gremiums war die Verteilung der Departemente. Hier haben gewisse Parteipräsidenten offensichtlich gehörig hineingefunkt. Ich werde das Gefühl nicht los, dass die Vertretungen von FDP und SVP (mit zusammen 4 von 7 Sitzen im Bundesrat) ihre Vorstellungen durchdrücken konnten: Wer «muss» die Finanzen bekommen, wer das UVEK; wer soll am Wechseln gehindert werden, wer muss ausputzen? Das ist nicht das, was ich von einem Kollektiv erwarte.

Ob die Neugewählten meine eingangs skizzierten Kompetenzen auf sich vereinen weiss ich noch zu wenig: Ich lasse mich überraschen. Ehrlich gesagt halte ich meine Hoffnung auf einen baldigen Ruck, der durchs Land geht, auf einem tiefen Level.