Gleich drei Volksinitiativen hatten wir in dieser Session zu beraten: Die Initiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot», die «Justizinitiative» und die Initiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung». Alle drei finden im Nationalrat keine Gnade. Wir GRÜNEN lehnen die Tierversuchsinitiative und die Justizinitiative zwar auch ab, wir haben jedoch in beiden Fällen beantragt, dass der Rat einen Gegenvorschlag ausarbeitet. Damit sind wir leider nicht durchgedrungen. Die Beispiele geben einen Einblick, wie die Ratsdynamik funktioniert.

Zunächst zur Initiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot». Wer sie annimmt, will keine Zweifel offenlassen: Es gäbe in der Schweiz keine Versuche an Tieren oder an Menschen mehr. Selbst Verhaltensbeobachtungen an Tieren (zum Beispiel zur Verbesserung der Haltungsbedingungen) oder die freiwillige Beteiligung mündiger Menschen an der Testung eines neuen Arzneimittels wären verboten. Und untersagt wären der Import und der Handel jeglicher Güter, die anderswo mit Anwendung von Tierversuchen entwickelt wurden. Im Nationalrat gab es keine einzige befürwortende Stimme. Wir GRÜNEN kamen zum Schluss, dass es sehr wohl Handlungsbedarf gäbe. Nachdem die Anzahl der Tierversuche v.a. in den 90-er-Jahren stark gesunken ist, stagniert sie seit ca. 15 Jahren. Es gibt weiterhin Versuche der Stufe 3, bei denen Tiere stark leiden müssen und Tiere «verbraucht» werden. Unser Gegenentwurf sah vor, dass es einen definierten Absenkpfad gibt, so dass diese Versuche nach und nach ganz ersetzt werden, denn es gibt zunehmend bessere Alternativen. Es hat sich jedoch gezeigt: Die Ratsmehrheit sieht offenbar keinen genügend grossen öffentlichen Druck und will die Initiative einfach begraben.

Ganz ähnlich war es bei der Justizinitiative. Diese will bei der Wahl der Bundesrichterinnen und -richter das Los entscheiden lassen, nachdem zuvor eine Kommission die fachliche Tauglichkeit der Bewerbenden geprüft hat. Kaum jemand konnte sich damit anfreunden. Aber leider wird es auch hier keinen Gegenentwurf geben, obwohl die aktuelle Situation Fragen aufwirft. Dass es die Parteien sind, welche Kandidat*innen vorschlagen, dünkt mich nicht falsch. Auch die Mandatsabgabe ist nicht das Problem, denn es macht nicht die Richter*innen abhängig, sondern wenn schon die Parteien. Problematisch ist aber die Wiederwahl alle sechs Jahre. Letztes Jahr haben wir es erlebt, dass ein SVP-Bundesrichter von der eigenen Partei zur Abwahl empfohlen wurde, weil er seine Urteile nicht «auf Parteilinie» fällt. Das darf nicht sein. Darum haben wir GRÜNEN einen Gegenentwurf vorgeschlagen: Unbefristete Wahl, jedoch ein geregeltes Verfahren zur Amtsenthebung im Bedarfsfall. Die Zeit war dafür (noch) nicht reif.

Und schliesslich diskutierte der Nationalrat die Volksinitiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung». Hier liegen die Verhältnisse etwas anders. Die Debatte um einen indirekten Gegenvorschlag hat bereits letztes Jahr eingesetzt: Die Revision des Tabakproduktegesetzes. Diese Revision ist noch nicht bereinigt, doch leider wurden die vorgeschlagenen Werbebeschränkungen bereits wieder stark verwässert. Darum würde die Initiative kaum zurückgezogen werden können. Sie ist denn auch im Nationalrat nur relativ knapp gescheitert: mit 84 zu 96 Stimmen (7 Enthaltungen). Es geht in der Initiative nicht nur um Jugendschutz, sondern in den Sozialzielen der Bundesverfassung auch um explizite Ausrichtung auf Gesundheitsförderung. Das finde ich zentral und habe es in meinem Ratsvotum an den Anfang gerückt: Votum Wettstein