Der 27. September, ein Super-Abstimmungssonntag: Fünf nationale Vorlagen, mehrere davon stark umstritten. Und siehe da: Grün-Links gewinnt gleich viermal und verliert die fünfte Vorlage nur hauchdünn. Die Ergebnisse haben Gemeinsamkeiten: Sie zeigen eine gesellschaftsliberale, offene, zugleich sozial und ökologisch sensible Schweiz. Das ist eine andere Schweiz als noch vor wenigen Jahren!

Die Schweiz kommt gesellschaftsliberal weiter: Sie sagt Ja zum Vaterschaftsurlaub: Die Gleichstellung der Geschlechter wird entschlossener angestrebt. Die „Leistungsträger“- so werden die Männer in der Blüte ihres Lebens gerne bezeichnet – sie können ihre Leistungsfähigkeit auf einem weiteren Feld unter Beweis stellen. 14 Tage sind ein erster bescheidener Schritt: Der Weg in Richtung Elternzeit ist vorgespurt. 

Die Schweiz kommt in Sachen soziale Gerechtigkeit weiter: Sie sagt Nein zu einer Steuerpolitik, welche die sozialen Unterschiede vergrössert. Das ist neu! Dieser gescheiterte Steuerabzug für Kinderkosten zeigt: Die sehr deutliche Mehrheit toleriert nicht, dass immer jene von Reformen profitieren, die schon vorher zu den Privilegierten gehörten. Sie will moderne Familienformen fördern. Der Weg in Richtung Individualbesteuerung ist vorgespurt. 

Die Schweiz wird ökologisch sensibler: Sie sagt Nein zur zunehmenden Gefährdung der Artenvielfalt. Sie will eine andere Revision des Jagdgesetzes. Der Wolf ist ein heimisches Tier und verdient weiterhin Schutz. Seine Anwesenheit dient auch der Biodiversität im Wald.  Es ist unbestritten, dass es manchmal Eingriffsmöglichkeiten braucht, wenn der Wolf zu viel Schaden anrichtet. Aber erst dann und nicht präventiv. Und zudem: Der Weg zum Schutz von weiteren gefährdete Arten ist vorgespurt.

Die Schweiz bleibt offen, sie bestätigt gleichzeitig die gesellschaftliberalen und sozial sensiblen Trends: Sie sagt deutlich Nein zur Kündigung der bilateralen Verträge. Sie bestätigt, dass die Personenfreizügigkeit auch ein Plus für die Schweizerinnen und Schweizer ist, welche die Wahl haben dürfen, im EU-Raum zu arbeiten, zu studieren, zu lieben. Sie will den Lohnschutz für die Erwerbstätigen im eigenen Land nicht aufs Spiel setzen. Der Weg zu einem von Grund auf verbesserten Rahmenabkommen mit der EU ist vorgespurt.

49,9 Prozent derjenigen, die an der Abstimmung teilnahmen, wollen nicht für 6 Milliarden Franken neue Luxus-Kampfjets einkaufen. Das sind viel mehr als voraussagt! Auch sie repräsentieren eine ökologisch sensible und gesellschaftlich aufgeschlossene Schweiz. Sie wollen, dass wir den wahren Bedrohungen des 21. Jahrhunderts begegnen und nicht in den Konzepten des letzten Jahrhunderts verharren. Gegen die Klimakrise kommt ein Kampfjet nicht an, er befeuert sie sogar noch. Gegen ein Virus ist er völlig machtlos. Und auch bei Cyber- oder Drohnenattaken zielt er ins Leere. Trotz der knappen Niederlage: Der Weg zu einer Analyse, was die wirklichen Gefährdungen unserer Sicherheit sind, ist vorgespurt.