Das Parlament hat während drei Wochen am Budget 2024 «geknorzt». Das Resultat ist aus meiner Sicht sehr unbefriedigend. Da der Bund am Schluss mit einem gültigen Budget ins neue Jahr starten können muss, gibt es keine Schlussabstimmung, bei der wir grundsätzlich Nein stimmen könnten. Es ging nur noch darum, die Differenzen zwischen den beiden Kammern auszuräumen.

Dass die Gesamtanlage des Budgets 2024 in meinen Augen nicht aufgeht, hat zwei Gründe. Erstens haben Ständerat und Nationalrat die massive Aufrüstung der Armee wie einen erratischen Block in den Raum gestellt. Es kam dann noch ein zweiter erratischer Block dazu: die Landwirtschaft (samt Förderung von Weinabsatz). Der zweite Grund heisst Schuldenbremse. Sie liess uns keinen Spielraum mehr. Darum wurde dann bei der Umwelt, beim sozialen Ausgleich und beim humanitären Engagement konsequent gekürzt, wenn nicht gleich gestrichen.

Ganz am Schluss, mit der Einigungskonferenz, konnte das Schlimmste abgewendet werden: Die Schweiz duckt sich nicht vollständig aus ihren humanitären Verpflichtungen in Nahost weg, und im eigenen Land bleiben die Randregionen nicht ganz im Regen stehen. Hier hat sich der Ständerat durchgesetzt.

Zwei erratische Blöcke im Raum

Zuvor erlebten wir ein mühsames Ringen in drei Etappen in beiden Räten. Bereits der bundesrätliche Entwurf mit einem Umsatz von rund 83 Milliarden Franken schrammte hart an der Schuldenbremse vorbei. In dieser Vorlage hatten alle Ämter und Departemente – ausser der Armee – den Auftrag, zwei Prozent ihrer «schwach gebundenen» Ausgaben zu kürzen. Dann kamen allerdings die Interessenvertreter und machten Druck, dass ihre Beiträge nicht gekürzt werden. Erfolgreich war darin die Landwirtschaft. Bei den Direktzahlungen habe ich das mitgetragen, weil diese so etwas wie ein Lohnbestandteil sind und Löhne in anderen Branchen der Teuerung angepasst werden. Fragwürdig ist allerdings, dass auch Zuckerrüben und Werbung für den Weinabsatz ungeschmälert mit Bundesgeldern gefördert werden.

Der grösste Brocken, der unverrückbar im Raum stand, waren die Rüstungsausgaben: Die bürgerliche Mehrheit will, dass diese in einem einzigen Jahr um 300 Millionen Franken anwachsen. Wir GRÜNEN haben Vorschläge eingereicht, wie man hier flexibler sein könnte. Wir haben gezeigt, dass im Pool der Armeeausgaben auch Gelder für ein gigantisches Informatikprogramm stecken, das gerade aus dem Ruder läuft. Wir hätten das noch rechtzeitig stoppen können, mit einer Kürzung um 80 Millionen Franken. Allein dieser Posten hätte uns Luft für fast alles andere verschafft.

Da in der Zwischenzeit die Schuldenbremse längst gesprengt worden wäre, nahm das  unwürdige Spiel seinen Lauf. Reduktion der Sozialhilfe für Flüchtlinge und Asylsuchende, obwohl wir auf die Höhe dieser Bedarfsgelder nicht wirklich via Budget Einfluss nehmen können. Beschneidungen bei der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe. Schwächung des Bundesamtes für Umwelt. Kein Geld mehr für Revitalisierung von Gewässern. Kürzungen bei der Regionalpolitik, was die strukturschwachen Regionen der Schweiz abstraft. Geringere Einlagen in den Bahninfrastrukturfonds, obwohl in vielen Regionen der Schweiz Projekte in der Pipeline sind, diese Infrastrukturen für das 21. Jahrhundert bereitzustellen.

Schuldenbalance statt Bremse auf Vorrat

Bei allem «Geknorze» zeigt sich immer offensichtlicher, dass die Schulden­brem­se in der heutigen Ausgestaltung nach Reformen ruft. Massgebend müsste künftig nicht die Schuldenhöhe, sondern die Schuldenquote sein. Die Tatsache, dass wir am Schluss des Jahres regelmässig Kreditreste (d.h. nicht getätigte Ausgaben) im Umfang von mindestens einer halben Milliarde Franken verzeichnen und darum die Schulden nicht in der Balance halten, sondern faktisch laufend ohne Not reduzieren (was dazu führt, dass wir zu wenig Geld für Investitionen haben), ruft nach einer anderen Regelung.

Bereits im Januar wird Finanzministerin Karin Keller Sutter Eckwerte für die Budgetplanung ab 2025 präsentieren. Wir werden dann mit mehreren Vorschlägen kommen, wie die Schuldenbremse so ausgestaltet werden müsste, damit die finanzielle Balance zum Mass wird, wie es eigentlich in der Verfassung steht. Als Delegationsleiter der Finanzdelegation der GRÜNEN werde ich die Federführung haben.