Leserbrief zur Abstimmung über die Reform des Verrechnungssteuergesetzes, am 8.9.2022 abgedruckt

Fairness bei den Steuern – Nein zum Verrechnungssteuergesetz

Bundesrat Ueli Maurer malt düstere Wolken an den Finanzhimmel. Der gleiche Bundesrat legt uns aber eine Reform vor, mit der die Verrechnungssteuer auf Obligationen abgeschafft würde. Kostenpunkt je nach Berechnung und Zinsentwicklung: 250 bis 800 Millionen Franken. Als Begründung wird angeführt, dass viele Unternehmen ihre Obligationen nicht im Inland, sondern in einem Land ohne Verrechnungssteuer ausgeben würden. Was dabei konsequent verschwiegen wird: Ursprünglich wollte der Bundesrat die Verrechnungssteuer auf Obligationen keinesfalls abschaffen, sondern er wollte bloss vom sogenannten Schuldnerprinzip zum Zahlstellenprinzip wechseln. Dieses Prinzip bedeutet: Die Bank, in deren Depots die Anleihen liegen, überweist die Zahlung an die Steuerverwaltung. Die Vorteile wären offensichtlich: Alle Obligationen hiesiger Unternehmen würden gleich behandelt, egal wo sie ausgestellt werden, ob im In- oder Ausland.

Gegen diesen Vorschlag haben Privat- und Grossbanken heftig lobbyiert: Sie drängten vehement auf die ersatzlose Abschaffung der Verrechnungssteuer auf inländischen Obligationen. Daraufhin ist der Bundesrat eingeknickt. In der Parlamentsdebatte haben wir davor gewarnt, dass dies eine offensichtliche Einladung zur Steuerhinterziehung sei. Bekanntlich dient ja die Verrechnungssteuer dazu, dass Vermögen und Zinserträge vollständig deklariert werden. Solche Bedenken wurden von der Mehrheit in den Wind geschlagen. Nun liegt es an der Stimmbevölkerung, mit einem Nein am 25. September dieser erneuten Privilegierung von Grossvermögen einen Riegel zu schieben.

Felix Wettstein, Nationalrat GRÜNE, Olten