Wohnpolitik gehört nicht unbedingt zu den am meisten beachteten Themen der nationalen Politik. Darum möchte ich sie hier voranstellen.

Wir hatten diese Woche im Nationalrat gleich vier Vorlagen zum Mietrecht. Sie folgten alle demselben Muster, ganz nach dem Gusto des Hauseigentümerverbandes, aus dessen Kreisen die Vorstösse stammen. Vermieterinnen und Vermieter sollen es einfacher haben, im Gegenzug wird der Schutz der Mieterinnen und Mieter aufgeweicht – mal weniger, mal offensichtlicher. Die Thematik ist ja sehr aktuell: Vor allem in den grösseren Städten und Ballungsräumen der Schweiz ist es sehr schwierig, erschwinglichem Wohnraum zu finden. Darüber haben die Medien in den letzten Tagen oft berichtet. Das würde eigentlich für einen besseren Schutz der Mieter*innen sprechen, und dafür haben wir GRÜNE uns auch eingesetzt, aber verloren. Ob im Ständerat der Wind dreht? Es wäre eine Überraschung.

Die Nationalratsmehrheit will, dass Vermieterinnen und Vermieter schneller als bisher einen Eigenbedarf geltend machen und somit das Mietverhältnis kündigen dürfen. Und weiter sollen sie bei Untermieten mehr zu sagen haben: Sie sollen einem Untermietverhältnis explizit und schriftlich zustimmen. Sie sollen auch eine Untermiete verweigern können, wenn diese für mehr als zwei Jahre vorgesehen ist (was gerade bei Geschäftsliegenschaften nicht selten ist). Meine Fraktionskollegin Florence Brenzikofer (BL) hat unsere Position in einem ausgezeichneten Votum zusammengefasst: Hier das Video dazu.

Zudem will die Ratsmehrheit zwei Formvorschriften im Mietrecht lockern (16.458 und 16.459). Für die Mitteilung einer Mietzinserhöhung soll künftig eine mechanisch nachgebildete Unterschrift auf dem offiziellen Formular ausreichen, es braucht die eigenhändige Unterschrift nicht mehr.  Und wenn es zu vereinbarten gestaffelten Mietzinserhöhungen kommt, müssen die Erhöhungsschritte nicht mehr mit dem amtlichen Formular angekündigt werden, sondern in einfacher schriftlicher Form.

Landwirtschaft ohne Klimaziele

Sehr ausführlich haben wir über die Landwirtschaftspolitik debattiert. Vor zwei Jahren war die AP22+, wie die Vorlage zur künftigen Ausrichtung der Agrarpolitik genannt wird, auf Druck des Bauernverbandes erfolgreich eingefroren worden. Nun wurde sie wieder aufgetaut: Im letzten Dezember bereits im Ständerat, diese Woche nun in der grossen Kammer. Allerdings arg verdünnt: Klimaziele fehlen vollkommen!

Das Erfreuliche: Es rückt zunehmend ins Bewusstsein, dass landwirtschaftliche Produktion und Ernährung zusammen gedacht werden müssen, wie wir GRÜNE es bereits vor ein paar Jahren mit unserer (leider gescheiterten) Fair Food-Initiative versucht hatten. Der Bundesrat hat letzten Sommer einen umfassenden Bericht zur Ausrichtung der Land- und Ernährungswirtschaft bis 2050 ausgearbeitet.

Was nun beide Räte mit der Revision des Landwirtschaftsgesetzes beschlossen haben, besteht bisher noch weitgehend aus schön klingenden Worten. Immerhin wird der persönliche Sozialversicherungsschutz für Personen, die im Betrieb mitarbeiten (typischerweise Partnerinnen und Partner), deutlich gestärkt. Aber sämtliche Anläufe der GRÜNEN, der GLP und der SP, ökologische Verbesserungen zu erreichen, wurden von bürgerlicher Seite unter dem Taktstock des Bauernverbandes abgeschmettert. Erst 2030 will man weiter kommen. Nun ist der Landwirtschaftsbereich der einzige Sektor ohne Klimaziele (Reduktion der Treibhausgase – die Landwirtschaft ist immerhin für ca. 13 Prozent verantwortlich). Ebenso fehlen Ziele zum Tierwohl. Alle unsere Anläufe, die Direktzahlungen überproportional für besonders klimafreundliche Betriebe oder für die gezielte Förderung der Tiergesundheit einzusetzen, sind ebenso verworfen worden wie die Anträge, den Fleischabsatz nicht mehr mit Beiträgen an die Werbung (Absatzförderung) noch anzukurbeln. Darum haben wir GRÜNE uns in der Gesamtabstimmung enthalten.

Für die Zukunft dünkt mich wichtig, dass die Agrarallianz eine stärkere Stimme bekommt: Als Gegengewicht zum mächtigen, aber sehr einseitigen Bauernverband. Die Organisationen, die in der Agrarallianz zusammenarbeiten, verfolgen die gleichen Ziele wie wir.

Solidarität mit anderen Staaten

Über die mögliche oder doch nicht mögliche Weitergabe von Waffen und Munition aus Schweizer Produktion an die Ukraine ist schon sehr viel geschrieben und debattiert worden – auch innerhalb unserer Partei. Ich kann versichern: Wir machen es uns in diesen Fragen alles andere als einfach. Eine sehr gute Auslegeordnung verdanke ich meinem Sitznachbar im Bundeshaus, Michael Töngi. Hier sein Blog-Beitrag.

In der zweiten Sessionswoche hat es mehrere weitere Momente gegeben, bei der das Verhältnis der Schweiz zu anderen Staaten zur Debatte stand. Dabei konnten wir GRÜNE einmal mehr verdeutlichen: Wir sind eine international orientierte Partei. Unsere Richtschnur ist Solidarität, orientiert an den Menschenrechten und an den UNO-Zielen der nachhaltigen Entwicklung. Das ist das pure Gegenteil von Teilnahmslosigkeit oder von Geschäftemacherei allein zu unserem Vorteil.

Mit unserer geschlossenen Unterstützung hat eine Motion aus der Aussenpolitischen Kommission eine deutliche Mehrheit erreicht, gegen den Willen des Bundesrats: Die Schweiz soll alle Sanktionen der EU gegen Iran übernehmen und aktiv Massnahmen ergreifen, um die Zivilgesellschaft in ihrem Kampf für die Rechte der Frauen zu unterstützen. 

Beide Räte haben inzwischen zugestimmt, dass unter dem Titel «Globale Umwelt 2023-2026» ein Rahmenkredit von rund 198 Millionen Franken bewilligt wurde. Es ist die Zusammenfassung von drei Fonds, wobei der grösste von ihnen, der «Global Environment Fonds» (GEF) gegenüber der letzten Vierjahresperiode um einen Drittel aufgestockt wurde – im Gleichschritt mit allen anderen Staaten. Ich hatte die Minderheit angeführt, die verlangte, dass die Schweiz ihre Einlage verdoppeln würde. Das fand zwar keine Mehrheit, aber wir konnten erfolgreich verhindern, dass nur der frühere Beitrag genehmigt worden wäre.

Schliesslich stand auch unser Verhältnis zur EU wieder zur Debatte.  Ganz knapp, mit 96 zu 94 Stimmen, obsiegte eine Motion unserer Aussenpolitischen Kommission, die verlangt, dass sich das Parlament zur Klärung der Beziehung Schweiz-EU in die Verhandlungen einbringen kann. Eine zweite Motion, die wir GRÜNEN auch mitgetragen hätten, wurde hingegen knapp (mit 98 zu 90) Stimmen abgelehnt: Damit wäre der Bundesrat beauftragt worden, sofort Verhandlungen mit der EU zu neuen institutionellen Regeln für die Teilnahme am EU-Binnenmarkt aufzunehmen.