Das Thema “Kreislaufwirtschaft” gehört zu den faszinierendsten Nachhaltigkeitsthemen. Es hat sehr viele Facetten und ist noch lange nicht ausgeschöpft. Kreislaufwirtschaft (KLW) meint viel mehr, als das Recyclingsystem zu optimieren. Solche Systeme können uns ja auch täuschen: Wir haben dann scheinbar den Freipass, weiterhin Unmengen an Ressourcen zu verbrauchen. Das oberste Ziel einer funktionierenden KLW muss aber stets die Vermeidung von Abfällen und Einwegprodukten sein. Das erreichen wir beispielsweise mit einer längeren Haltbarkeit oder mit dem Teilen von Produkten. Erreichen diese trotzdem ihr Lebensende, sollen sie wiederverwendet oder repariert werden. Ist auch dies nicht mehr möglich, sollen die Güter durch so genanntes Upcycling aufbereitet werden. Voraussetzung dafür sind Materialkombinationen, die dies erlauben. Erst wenn alle diese Wege ausgeschöpft sind, sollen als letzter Schritt des Kreislaufs die Rohstoffe recycelt werden, um daraus neue Produkte zu produzieren.

Schematische Abbildung der Kreislaufwirtschaft ©BAFU © BAFU https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/wirtschaft-konsum/fachinformationen/kreislaufwirtschaft.html

Grossen Handlungsbedarf haben wir im Bereich des Teilens, Wiederverwendens und Reparierens. Der Bund kann hier entscheidend zur Förderung beitragen. Ich habe deshalb zwei Vorstösse zu so genannten «Produkt-Service-Systemen» eingereicht. Dabei sollen Produkte nicht wie bis anhin als Eigentum erworben werden, vielmehr erwirbt die Kundschaft nur die Nutzung des Produkts. Um die Wartung, Installation und Rücknahme kümmert sich die Anbieterfirma. Da das Gerät in ihrem Besitz bleibt,  hat die Firma einen Anreiz, ihr Produkt langlebig und reparaturfähig zu bauen. Nach dem Ende der Lebensdauer z.B. einer Waschmaschine nimmt die Anbieterfirma sie zurück, verbaut noch brauchbare Teile in neuen Geräten und führt den Rest der Wiederaufbereitung oder Verwertung zu.

In meinem Postulat 22.3064 fordere ich den Bundesrat auf, Wege zur Förderung von derartigen «nutzenbasierten zirkulären Geschäftsmodellen» aufzuzeigen, z.B. mit steuerlichen Massnahmen, Anstossfinanzierungen, Förderkrediten, geeigneten Investitionsgefässen, mit dem Abbau von gesetzlichen Hürden oder weiteren Steuerungsinstrumenten der öffentlichen Hand.

Direkten Einfluss könnte der Bund über seine bundesnahen Betriebe und den so genannten verselbstständigten Einheiten (z.B. SBB, Post, Skyguide, etc.) nehmen. Deshalb fordere ich den Bundesrat in meinem zweiten Postulat 22.3063 auf, Massnahmen aufzuzeigen, um Produkt-Service-Systeme auch im bundeseigenen Beschaffungswesen einzuführen.

Ein von der Politik noch kaum beleuchtetes Thema ist die Problematik von Kosmetikabfällen. Ähnlich dem bekannteren Food Waste werden weltweit wohl sehr viele Kosmetikprodukte ungeöffnet oder angebrochen weggeworfen. Ich wäre nicht überrascht, wenn mehr als der Hälfte aller produzierten Kosmetika im Abfall landen. Daher möchte ich vom Bundesrat in meiner Interpellation 22.3065 wissen, ob es Statistiken zum Thema gibt, welche Projekte oder Verfahren zur Vermeidung von Kosmetikabfällen ihm bekannt sind, ob Forschungen dazu initiiert werden und ob der Bund bereits etwas zur Vermeidung von Kosmetikabfällen unternimmt.

Grosses Potential zur Schliessung von Kreisläufen gibt es auch im Bauwesen. Eine spannende Technologie, bei uns noch praktisch unbekannt, ist das so genannte «Flüssigbodenverfahren». Es kommt vor allem im Tiefbau oder Tunnelbau zur Anwendung und ermöglicht den Wiedereinbau unterschiedlichster Aushubmaterialien. Aus ökologischer und ökonomischer Sicht dürfte diese Technologie grosse Vorteile aufweisen: Der CO2-Ausstoss reduziert sich gegenüber herkömmlicher Bauweise um die Hälfte und mehr. Zudem: weniger LKW-Fahrten, keine Kosten für Deponierung und Kiesabbau, kürzere Bauzeit, längere Lebensdauer. Flüssigböden sind angewandte Kreislaufwirtschaft. Dazu habe ich – auf Anregung aus der Branche – die Interpellation 22.3030 eingereicht, um vom Bundesrat zu erfahren, welche Fakten ihm zu diesem Verfahren bekannt sind und ob der Bundesrat bereit ist, dieses innovative Verfahren zu fördern.