Viele Abstimmungsergebnisse im Nationalrat sind jeweils absehbar, weil die Positionen bezogen und gegenseitig bekannt sind. Aber manchmal gibt es positive Überraschungen, wenn ein Vorstoss unerwartet zu «unseren» Gunsten kippt oder wenn ein Resultat überdeutlich ausfällt: Viel klarer, als ich es erwartet hätte. Oder wenn wir Unheil abwenden konnten. Nachfolgend fünf Beispiele.

Die CH-Media-Blätter hatten am 13. Dezember in ihrer Vorschau den passenden Titel gewählt: «Nationalrat will Pelz an den Kragen». Zwar nicht jeglichem Pelz, aber mit den Importen für tierquälerich erzeugte Pelzprodukte soll Schluss sein. So forderte es Matthias Aebischer (SP, BE) mit einer Motion. In der Schweiz sollen keine Pelze in den Verkauf gelangen, wenn sie von Tieren stammen, deren Haltung oder Jagdmethode in der Schweiz verboten wäre. Das Resultat im Nationalrat war überwältigend gut: 144 Ja, 31 Nein, 9 Enthaltungen. Ein klarer Wink an den Ständerat, mitzuziehen.

Die Nichtregierungs-Organisationen (NGO’s) werden nicht abgestraft. Kurz nach der Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative reichte Ständerat Ruedi Noser (FDP, ZH) die Motion 20.4162  ein, welche verlangte, dass sich NGO’s nicht politisch exponieren dürfen, ansonsten würden sie die Steuerbefreiung verwirken. In seinem eigenen Rat ist er damit knapp durchgekommen. Aber im Nationalrat nicht: Dieser begrub den Vorstoss mit 98 zu 84 Stimmen bei 9 Enthaltungen definitiv. Auch Bundesrat Maurer hat sich dagegen ausgesprochen.

Werden die Grenzkantone genug vor Lohndumping geschützt? Das «Entsendegesetz» (welch drolliges Wort) regelt, unter welchen Bedingungen Firmen mit Sitz im Ausland ihre Leute in die Schweiz zum Arbeiten schicken dürfen. Eigentlich müssten sie dabei den Grundsatz «Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit am gleichen Ort» einhalten. Kantone mit Mindestlöhnen – bisher gibt es fünf, darunter Tessin – erleben immer wieder, dass dieses Prinzip unterlaufen wird. Sie forderten darum eine nationale Gesetzesergänzung  zur Durchsetzung der Regeln für Entsandte. Das hatte der Ständerat im Herbst abgelehnt, auch die vorberatende Kommission des Nationalrats wollte mehrheitlich nicht. Doch siehe da, das Resultat lautete 104 zu 86 zugunsten der Gesetzesanpassung. Ob der Ständerat einlenkt?

Bundesnahe Unternehmen wie SBB, Swisscom usw. sollen auch im oberen Kader und für Verwaltungsratsmitglieder Löhne zahlen, die nicht in unanständige Höhen abdriften. Lohnexzesse sollen verhindert werden. Das hat bereits vor fünf Jahren die Parlamentarische Initiative 16.438 verlangt, die damals in der ersten Runde bei beiden Räten durchkam. Nun hat die Staatspolitische Kommission des Nationalrats die Umsetzung ausgearbeitet und Anpassungen im Bundespersonalgesetz vorgelegt. Der Ständerat wollte jedoch gar nicht darauf eintreten. Da war es doch ziemlich überraschend, dass der Nationalrat sehr deutlich, mit 151:39 Stimmen, bekräftigte: Doch, wir wollen, dass uns die Höhe der Kaderlöhne bei Anstalten des Bundes keine Schamröte ins Gesicht treiben.

Zwei Motionen mit dem Ziel «Massnahmen gegen Lebensmittelbetrug» wurden überraschend deutlich angenommen. Eine davon stammt von meiner Fraktionskollegin Sophie Michaud Gigon  (VD): Sie wurde mit 121 Stimmen unterstützt (59 dagegen, 6 Enthaltungen). Lebensmittelbetrug soll in der Schweiz besser bekämpft und geahndet werden. Eine Fachkommission soll sich dem Thema widmen. Auslöser war der Pferdefleisch-Skandal.  Nun hoffen wir einmal mehr, dass diese Motionen auch den Ständerat überzeugen können.