
Erbschaften besteuern: Bei wem und wofür?
Unter den drei Volksinitiativen, die während der Frühjahrssession im Nationalrat diskutiert wurden, hat vor allem eine viel zu reden gegeben: Die Initiative der Juso mit dem Titel «Für eine soziale Klimapolitik – steuerlich gerecht finanziert (Initiative für eine Zukunft).» Sie will zweierlei: Sie will bei den rund 2500 reichsten Menschen in der Schweiz, welche bei ihrem Ableben über 50 Millionen Franken Vermögen haben, eine Erbschaftssteuer von 50 Prozent auf jenen Vermögen erheben, welche die Schwelle von 50 Millionen übersteigt. Und sie will, dass die Erträge aus dieser Steuer für die Bewältigung der Klimakrise eingesetzt werden: Ob nur auf Bundesebene oder auch in den Kantonen und Gemeinden, müsste erst noch ausgehandelt werden.
Die unterstützenden Stimmen verteilten sich auf zwei Hauptargumente: a) Die Hyperreichen verursachen mit ihrer Lebensweise einen weit überdurchschnittlichen CO2-Ausstoss und sollen darum spezifisch zur Bewältigung der Klimakrise beisteuern; b) Erbschaftssteuern sind fair und gerecht. Beide Überlegungen teile ich – gleichwohl sind sie für mich nicht hinreichend genug, der Initiative mit diesen Eckwerten zuzustimmen. Es fehlen für mich zwei wichtige Elemente: Erstens müssten auch alle anderen Erbschaften einer (moderaten) Mindestbesteuerung unterstehen, wobei ein Freibetrag – ein wesentlich tieferer – berechtig ist. Zweitens sollten wir aus finanzpolitischen Überlegungen die Steuereinnahmen möglichst nie auf Verfassungsebene an einen Zweck binden.
Die ablehnenden Stimmen warnten oft in schrillen Tönen vor dieser «sozialistischen» Initiative, welche dazu führen würde, dass die Reichsten alle ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen würden, dass uns also auch während ihrer Lebzeit alle Steuern entgehen würden. Mit wenigen Ausnahmen war seitens der «bürgerlichen» Parteien niemand für Zwischentöne empfänglich.
Dabei lagen uns aus der vorberatenden Kommission gleich vier Minderheitsanträge vor, welche vorschlugen, der Initiative einen direkten Gegenvorschlag gegenüberzustellen und damit das absolut berechtigte Anliegen weiterzuverfolgen, dass es für die Erbschaftsbesteuerung einen nationalen Mindeststandard gibt. Daraus wurde leider nichts: Mit dem Stimmenverhältnis von 128 zu 61 Stimmen wurden die Gegenvorschläge in Globo verworfen; sie wurden nicht einmal separat zur Abstimmung gebracht! Alle Mitglieder der GRÜNEN, der SP, die beiden EVP-Vertreter sowie Kathrin Bertschy als einzige aus der GLP-Fraktion hatten sich für die Option Gegenvorschlag und damit für die Besteuerung von Erbschaften ausgesprochen. Das hat mich sehr enttäuscht.
Hier das Video und der Text meines Votums zur Juso-Initiative und zu den Gegenvorschlägen.