Tempolimit auf Autobahnen ja, aber nicht für Elektroautos. Diese Idee geistert seit Kurzem in Deutschland umher. Ins Spiel gebracht hat sie der grüne Bundestagsabgeordnete Dieter Janecek. Ein Journalist von Nau.ch hat mich gefragt, was ich davon halte, ob das auch etwas für die Schweiz wäre. Hier meine Antwort:

Dieser Vorschlag ist schlecht und taugt für die Schweiz nicht. Zudem bin ich überzeugt, dass diese Diskussion in der Schweiz ganz anders geführt würde. Bei uns ist allen klar, dass – losgelöst von Klimafragen und Motorenantrieb – Tempolimiten sinnvoll sind, weil sie Unfälle und schweres Leid verhindern. Sie bewirken auch einen stetigeren Verkehrsfluss und grössere Kapazität: Pro Zeiteinheit kommen bei gegebener Strassenfläche mehr Fahrzeuge voran als bei schnelleren (und uneinheitlichen) Tempi. Das wollen zwar viele nicht wahrhaben, aber Physik lässt sich nicht aushebeln. Für unsere Gesundheit sind die stetigen moderaten Verkehrsflüsse ebenfalls besser: Das schont die Nerven und schützt vor Überanstrengung. Und schliesslich bedingt unsere Topografie (Tunnels, Kurven) zwingend, dass gewisse Autobahnabschnitte ein tieferes Tempolimit haben. Wären die einen Fahrzeuge ausserhalb dieser Abschnitte schneller als mit 120 km/h unterwegs, käme es erst recht zu mehr «Handorgeln», zu mehr Staus, zu gefährlichen und stressreichen Situationen.    

Die Frage bleibt: Sollen E-Autos auf andere Weise bevorzugt werden?

Aktuell werden sie es ja in der Schweiz, da sie meines Wissens in allen Kantonen entweder ganz steuerbefreit sind oder weit tiefere Steuern pro Fahrzeug zu zahlen haben und zudem keine Mineralölsteuern entrichten, aus deren Erträgen bekanntlich die Strassen (für alle, auch für E-Autos!) gebaut und modernisiert werden. Zweifellos müssen wir alles daran setzen, dass fossile Treibstoffe (Benzin, Diesel, Kerosin) möglichst schnell ersetzt werden. Ein wichtiger Weg führt über die CO2-Abgaben auf den Treibstoffen (Es ist aus meiner Sicht ein Armutszeugnis, dass unser Land sie damals nur auf Brennstoffen einführen konnte. Im Heizbereich zeigt die Massnahme immerhin erfreuliche Wirkung.). Idealerweise werden die CO2-Abgaben als Lenkungsinstrument ausgestaltet, das heisst mit weitgehender Rückerstattung an alle Personen. Wer wenig fährt oder auf fossil betriebene Motorfahrzeuge verzichtet bekommt unter dem Strich ausbezahlt. Auch auf diese Weise würden also E-Mobile resp. ihre Fahrer*innen begünstigt.

Mobilität der Zukunft: Fossile Energie durch Elektrizität ersetzen reicht nicht 

Allerdings: Der Weg zur Mobilität der nächsten Jahrzehnte kann sich nicht darin erschöpfen, die eine Energiequelle durch eine andere zu ersetzen, also Benzin und Diesel durch Elektroantrieb. E-Autos benötigen genauso viel Platz wie Benziner, fahrend oder ruhend, und dieser Platz ist längst zu knapp. Breitere Strassen geht kaum mehr: Innerhalb der Siedlungen fehlt der Platz, und ausserhalb würden wir weiteres wertvolles Kulturland opfern; zusammen würden wir das Mikroklima weiter aufheizen. Und vor allem: Für uns Menschen gehen inzwischen die beiden grössten verkehrsbedingten Gesundheitsbelastungen vom Lärm und vom Feinstaub des Pneuabriebs aus, und beides verursachen auch E-Mobile (bei hohen Tempi exponentiell mehr). Zwar surrt der Motor leise, aber ab einem bestimmten Tempo sind die Fahrgeräusche nicht geringer. Und schliesslich: Auch wenn erneuerbarer Strom und kluge Speicherlösungen noch viel Entwicklungspotenzial vor sich haben: Auch diese Quellen sind nicht unerschöpflich. Wir brauchen den Strom auf vielen Ebenen zum Ersatz bisheriger belastender oder gefährlicher Energiequellen.  

Wir müssen darum ein paar andere Dinge attraktiver machen (und ich bin fest überzeugt, dass wir sie mit Anreizen attraktiver machen können):

  1. kürzere Wege im Alltag, weniger entfernte Ziele in der Freizeit;
  2. was an privater Mobilität notwendig bleibt: In erster Linie mit öV, Fahrrad oder zu Fuss;
  3. Autos müssen nicht im Privatbesitz sein. Wenn es doch einmal ein Motorfahrzeug mit Ladefläche sein muss: Car-sharing;
  4. für Gütertransporte einerseits ebenfalls Vorteile für kurze Wege schaffen, andererseits «smarte» Technologie einsetzen mit relativ kleinen und leichten (selbstfahrenden) Fahrzeugen, die v.a. zu Zeiten geringer Auslastung gleichmässig unterwegs sind, teilweise unter Boden.

Wir müssen in all diesen Punkten energisch vorwärts machen, denn viel Zeit bleibt uns nicht mehr. Unser Plus: Die Schweiz kann es sich leisten.