Alle vier Jahre steht in der Verkehrspolitik ein grosser und ein nicht ganz so grosser Brocken an. Der grosse betrifft den Zahlungsrahmen Nationalstrassen 2024-2027 mit dem «Ausbauschritt 2023». Der deutlich kleinere nennt sich «Programm Agglomerationsverkehr der 4. Generation ab 2024». Beides wird seit rund 15 Jahren aus demselben Fonds finanziert: aus dem NAF, dem Nationalstrassen- und Agglomerationsfonds. Dieser wird aus den Treibstoffzuschlägen und den Motorfahrzeugsteuern gespiesen und ist prall gefüllt. Das verleitet zum Ausbau von Autobahnen im grossen Stil – auch wenn das im diametralen Widerspruch zu den Klimazielen des Bundes steht. Bei den Agglomerationsprogrammen, die schon früher bewilligt wurden und oft dem Langsamverkehr dienen, harzt es hingegen.

Nationalstrassen: Antworten des letzten Jahrhunderts

Der «Zahlungsrahmen Nationalstrassen 2024-2027» umfasst fast fünf Milliarden Franken. Eigentlich hatte der Bundesrat zuerst 4,002 Milliarden vorgelegt, doch dann kam Dynamik auf: Weil die vier Autobahn-Erweiterungen und Neubauten (meist sehr teure Tunnellösungen) in Bern, Basel, Schaffhausen und St. Gallen verortet sind, sahen einige die Suisse Romande im Nachteil. Flugs ergänzte die Verkehrskommission das Programm um einen weiteren Spurausbau am Genfersee: Kostenpunkt plus 911 Millionen Franken. Es wird nicht «gschmürzelet». Und Bundesrat Rösti macht aus seinem Herzen keine Mördergrube: Seine Lust auf Strassenausbau ist unüberhörbar. Mit den Rezepten des letzten Jahrhunderts soll also auch künftig der private Motorfahrzeugverkehr organisiert werden. Dagegen wehre ich mich vehement.  

Nicht das ganze Geld ist jedoch für Neu- und Erweiterungsbauten geplant: Auch Betrieb und Unterhalt der bestehenden Autobahnen sind Teil des Zahlungsrahmens. Dazu sage ich ja, denn eingeschlossen sind auch Lärmdämmung, Gewässerschutz und Energienutzung.

Agglomerationsverkehr: gut gewollt, doch manchmal harzig

Für das «Programm Agglomerationsverkehr der 4. Generation» haben wir 1,6 Milliarden Franken (auf mehrere Jahre zu verteilen) freigegeben: Dieses Programm war unbestritten. Den jeweiligen Hauptanteil tragen die Kantone und Gemeinden: Sie müssen sich regional zusammenraufen und überzeugende Massnahmen einreichen, dann beteiligt sich auch der Bund. 32 Agglomerationen haben Massnahmenpakete eingereicht. Sie alle werden unterstützt, wenn auch nicht in gleich hohem Anteil: Dieser variiert zwischen 30 und 45 Prozent der Gesamtkosten.

Mich hat überzeugt, wie das Bundesamt für Raumentwicklung ARE bei der Beurteilung der Agglomerations-Eingaben vorgeht. Der Bundesanteil ist höher, wenn die Massnahmen mehr Umlagerung auf öV und Langsamverkehr versprechen, schlankere Anschlüsse, bessere Sicherheit der schwächeren Verkehrsteilnehmen, mehr Siedlungsentwicklung nach innen. Abzüge gibt es hingegen, wenn eine Agglomeration die Massnahmen der 1. und 2. Generation nicht realisiert hat, unbefriedigend umgesetzt oder schlecht dokumentiert hat. Denn etwas beunruhigt mich schon: Für die vorletzte Programm-Generation, die eigentlich inzwischen realisiert sein sollte, konnte der Bund bisher nur 48% der bewilligten Gelder ausbezahlen. Oft sind Massnahmen blockiert, oder sie wurden «abgespeckt». Mit anderen Worten: Die Verbesserung der Verkehrsinfrastrukturen in den Agglomerationen – zu Gunsten von mehr Lebensqualität und Gesundheit, besserer Luft, weniger Lärm und Flächenverbrauch – hat es offensichtlich viel schwerer als neue Autobahnen.

Es ist an der Zeit, dass wir den Automatismus durchbrechen: Die sprudelnden NAF-Gelder dürfen nicht in noch mehr Asphalt gegossen werden.