Von Felix Wettstein, 22. April 2020
Vor wenigen Tagen habe ich von einer Bürgerin die folgende Mailzuschrift erhalten:

Sehr geehrter Herr Wettstein

Mein Name ist D.H., ich bin im solothurnischen W. aufgewachsen und wohne nun im Kanton Zug, habe zwei Kinder mit Jahrgang 2015 und 2018. Ich arbeite in der klinischen Forschung. Heute schreibe ich Ihnen, da ich und höchst besorgt bin darüber, was wegen der Auswirkungen des Klimawandels mit unserer Natur und insbesondere unseren Alpen passiert. Die wissenschaftlichen Daten dazu sind sehr alarmierend.

Im Namen meiner kleinen Kinder, aller jungen Menschen und der künftigen Generationen danke ich Ihnen für Ihren bisherigen Einsatz für den Umweltschutz und bitten Sie, alles daran zu setzten, dass CO2-Emissionen der Schweiz schnellstmöglich reduziert werden.

Ich bitte Sie, CO2-Sequestierung zu fördern und umzusetzen. Die Schweiz weist grosses Potential für geologische CO2-Sequestierung auf. Um noch gefährlichere Erwärmung zu vermeiden, ist CO2-Sequestrierung unabdingbar. Dieses Potential ist meines Wissens heute schweizweit ungenutzt.

Insbesondere bitten wir Sie, sich dafür einzusetzen, dass die Schweizer Unternehmen ihren Teil der Verantwortung übernehmen. Wir möchten Sie deshalb ersuchen, beim CO2-Gesetz eine aggressiver Reduktion der CO2-Emissionen anzuschieben, und insbesondere die Erforschung von erneuerbaren Energiequellen, sowie CO2-Negativemissionstechnologien zu fördern.

Ich danke Ihnen im Namen der heranwachsenden Generation herzlich für Ihren (bisherigen und zukünftigen) Einsatz für ein überzeugendes CO2 Gesetz. Ich hoffe sehr, dass ich als Schweizer Bürgerin und Heimweh-Solothurnerin auf Ihren Einsatz zählen kann – für die Wirtschaft und die Lebensqualität meiner Familie!

Liebe Grüsse, D.H.

 

Meine erste Antwort am selben Tag:

Guten Tag Frau H.

Herzlichen Dank für Ihr Schreiben von heute Vormittag zur Klimapolitik, namentlich zur künftigen CO2-Bilanz der Schweiz (als Beitrag zur weltweiten Bilanz).

Sie stossen bei mir damit auf offene Ohren. Vorweg geht es ja darum, die Beratung über die Revision des CO2-Gesetzes überhaupt wieder in Gang zu bringen, und das steht für uns in der Fraktion der Grünen ganz zuoberst. Unsere Vertreterin, unser Vertreter im Ratsbüro sind vehement daran, dies einzufordern: möglichst bereits in der Sondersessionswoche, denn alle Vorarbeiten sind ja gemacht. Als ganze Fraktion treten wir vehement dafür ein, dass es gegenüber dem, was der Ständerat beschlossen hat, keine Abschwächung geben darf.

Wie Sie richtig anmerken, geht es bei der CO2-Bilanzierung nicht nur um die konsequente Reduktion des Neuausstosses, sondern auch um Rückbindung des CO2, das bereits in der Atmosphäre ist. Dazu ist die Sequestierung eine der Massnahmen.  Mein Fraktionskollege Bastien Girod, der sich auch beruflich mit diesen Fragen auseinandersetzt, hatte dieses Thema bereits 2008 mit einer Interpellation auf die politische Traktandenliste gesetzt: https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20083064  Wie Sie der damaligen Antwort entnehmen können, kam der Bundesrat zum Schluss, dass das Potenzial in der Schweiz als eher gering einzustufen sei (nach damaligem Wissen). Ob das heute noch gleich beurteilt würde kann ich nicht sagen, dazu bin ich zu wenig mit dem Thema vertraut. Immerhin wurde in der Schweiz, im zürcherischen Hinwil, 2017 die weltweit erste (Versuchs-)Anlage in Betrieb genommen: https://www.swissinfo.ch/ger/negative-emissionen_co2-entnahme-aus-der-luft—wagnis-oder-notwendigkeit-/44511224

Ich werde Bastien Girod auf ihre Zuschrift ansprechen. Er ist ja zur Zeit Präsident der nationalrätlichen Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie UREK und engagiert sich sehr für ein möglichst griffiges CVO2-Gesetz.

Mit freundlichen Grüssen, Felix Wettstein

Anschliessend habe ich mich bei Bastien Girod, meinem Zürcher Nationalratskollegen, erkundigt und drei Tage später nochmals an Frau H. geschrieben:

 

Liebe Frau H.

Ergänzend zu meiner Antwort vom letzten Samstag kann ich Ihnen – nach Rücksprache mit meinem Fraktionskollegen Bastien Girod – weitere Informationen liefern.

Bastien Girod ist Präsident des Verbandes der Abfallverwerter VBSA. In dieser Funktion hat er letztes Jahr zur beiliegenden Diskussionsgrundlage «Carbon Hub» (eine konkrete Umsetzung der CO2-Sequestierung) massgebend beigetragen (https://vbsa.ch/das-konzept-carbon-hub-der-vbsa-stellt-einen-klimapolitischen-vorschlag-zur-diskussion/), und gemäss seiner Auskunft wird an der ETH intensiv an diesem Vorschlag gearbeitet.

Die Diskussionsgrundlage enthält ab Seite 3 zahlreiche gute Fragen, welche diese Technologie aufwirft, und gleich auch die Antworten dazu. Es ist naheliegend, dass die Kostenfrage gestellt wird, und es leuchtet mir ein, dass es vorerst sehr teuer ist, CO2 abzuscheiden und einzulagern. Aber wenn die Anlagen über das Pilotstadium hinaus sind, dann werden auch die Kosten pro Tonne sinken. Vor allem aber dünkt mich entscheidend zu berücksichtigen, dass es auch künftig gewisse Anlagen geben wird, die in grossem Masse CO2-freisetzen (Zementwerke, Kerichtverbrennungsanlagen, …), dass aber dieses CO2 nicht zuerst in der Atmosphäre «verteilt» und dann mühsam wieder abgesogen werden müsste, sondern dass es an der Ausstossquelle abgefangen wird. Ich bin überzeugt, dass es sehr effektiv ist, wenn in diesem Bereich resolut geforscht und entwickelt wird. Die Basis, dass dies in der Schweiz geschieht, ist gelegt.

 Ihnen möchte mich nochmals für Ihren Impuls und Appell danken. Er war und ist auch für mich Gelegenheit dazuzulernen.

 Mit freundlichen Grüssen, Felix Wettstein

Verwendetes Foto: KEYSTONE / WALTER BIERI