Die neuen Mehrheiten im Parlament führen wiederholt und noch deutlicher dazu, dass es in der Landwirtschaft laufend in die falsche Richtung geht, nämlich weg von Ökologie und Nachhaltiger Entwicklung. In der letzten Legislatur war es noch möglich gewesen zu beschliessen, dass Betriebe mit mehr als 3 Hektaren offener Ackerfläche in der Tal- und Hügelzone mindestens 3.5 Prozent dieser ackerfähigen Flächen als Biodiversitätsförderflächen ausweisen müssen. Das sind zum Beispiel die schönen Heckensäume am Übergang zwischen zwei Ackerfeldern, denen wir inzwischen da und dort beim Wandern im Jura oder Mittelland begegnen können: Lebensräume für Vögel und Kleinlebewesen, im Idealfall als weit verzweigte Vernetzungsstrukturen angelegt.

Nun soll mit der Motion 22.3819 diese Massnahme mit Verweis auf die «Ernährungssicherheit» (Anteil inländisch produzierter Lebensmittel) wieder rückgängig gemacht werden. Und klar: Auf «reinen» Ackerflächen darf alles Erlaubte gespritzt werden: Pestizide, die den beschönigenden Namen «Pflanzenschutzmittel» tragen und zur Vernichtung von Fauna und Flora eingesetzt werden. Wenn wir dann noch berücksichtigen, dass auf über 50% dieser Ackerflächen Tierfutter angebaut wird, dann wird das Argument der Ernährungssicherheit erst recht absurd. Es liessen sich mit gleicher Fläche weit mehr Menschen ernähren, wenn das Ackerland in erster Linie Pflanzennahrung für Menschen hervorbringen würde.

Das Resultat von 94 zu 89 mit 7 Enthaltungen kam zustande, weil die SVP geschlossen ihrem Motionär zustimmte (was nicht erstaunt), weil jedoch auch die Mittepartei kräftig mitzog (21 Ja, nur 4 Nein und 5 Enthaltungen). Das ergäbe zusammen noch keine Mehrheit: Zu dieser haben dann 7 Ja-Stimmen der FDP (nebst 16 Nein) verholfen. Zwar muss die Motion noch vor den Ständerat, aber auch dort dürfte es der Einsatz für Artenvielfalt – samt natürlichen Bestäubern und Schädlingsbekämpfern – sowie landschaftlicher Aufwertung schwer haben.

Ins Bild passt das Resultat der Motion 23.3717 «Mehr Freiraum beim Umbau von landwirtschaftlichen Bauten». Sie verlangt, dass der Bundesrat Gesetzesanpassungen einleiten müsse, damit das Volumen von stillgelegten Bauernhöfen, welche mit Verkehr, Wasser und Strom voll erschlossen seien, besser genutzt werden könne. Dem Departement UVEK unter Bundesrat Rösti gefällt das. Doch damit wird ein entscheidender Erfolg der 2. Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes – Bauen ausserhalb der Bauzone – gleich wieder zunichte gemacht. Diese Gesetzesrevision hatten wir ja erst vor einem halben Jahr beschlossen. Sie hat bewirkt, dass die Landschaftsschutz-Initiative zurückgezogen werden konnte. Das «Buebetrickli» dieser Woche samt Powerplay mit Bundesrat Rösti kehrt alles ins Gegenteil.