Eine Feier unter Rebbergen, ein Präventionskiller, powervolle Lärmschutzwände, vernetzte Hausbesitzer*innen, der Stichentscheid, die halbierte Komplementärmedizin und die verschlossene Tür: Erfreuliche und weniger erfreuliche Erinnerungen an reichhaltige drei Wochen Session.

  • Am 1. Juni durften wir nachholen, was eigentlich bereits im Dezember geplant war: Wir durften im aargauischen Schenkenbergertal unsere Parteikollegin und höchste Schweizerin, Irène Kälin, feiern: In Oberflachs, wo sie wohnt, und im benachbarten Schinznach-Dorf, wo das grosse Festzelt zu Füssen des grössten Rebbaugebietes des Kantons Aargau Platz fand. Es war eine würdige, schöne Feier: Fast die ganze Talbevölkerung hat dazu beigetragen, und ich durfte ein paar alten Bekannten und Freundinnen aus dem Aargau begegnen. Hier der Bericht der Aargauer Zeitung zum Nachlesen.
  • A propos einheimische Weine: Der gesamte Weinkonsum in der Schweiz ist leicht rückläufig. Soll der Bund die Werbung für den Absatz von Schweizer Wein mit zusätzlichen 9 Millionen Franken subventionieren? Schon heute tut er dies mit 2.9 Millionen. Bedenken, dass dies im Widerspruch zu den nationalen Präventionsstrategien stehe, schlug die Mehrheit des Nationalrats in den Wind: Er nahm die Kommissionsmotion 22.3022 mit 98 zu 61 Stimmen bei 22(!) Enthaltungen an. Das Abstimmungstableau glich einer Pizza: FDP 14 Ja, 14 Nein; SP 13 Ja, 13 Nein; GRÜNE 12 Ja, 12 Nein (und vier Enthaltungen). Meine Meinung dazu könnt ihr in meinem Post nachlesen.  Der Artikel von nau.ch gibt einen guten Überblick.
  • Für Umweltanliegen war diese Sommersession mehrmals ein Erfolg. Unter anderem dies: Lärmschutzwände, Fassaden und Dächer in Bundesbesitz sollen für die Produktion von Strom genutzt werden. Die SBB und das Bundesamt für Strassen (Astra) sollen das Potenzial für Photovoltaik-Anlagen nutzen. Das hat die Umweltkommission mit der Motion 22.3386 und der Motion 22.3387 gefordert, die im Nationalrat sehr komfortabel angenommen worden. Nun ist der Ständerat am Zug.
  • Eine weitere Motion 20.3730, diesmal von einem FDP-Mitglied lanciert, brachte Dreiviertel der grossen Kammer hinter sich. Private Stromproduzentinnen und -produzenten, deren Anlagen mehr Elektrizität erzeugen als sie für den Eigengebrauch benötigen, sollen Zugang zum Verteilnetz erhalten. Zudem sollen sich mehrere Hausbesitzer*innen für die Stromproduktion zusammenschliessen können, ohne dass Transportkosten für diese Energie anfallen. 
  • Hie und da gibt es im Nationalrat ein Patt. Dann geht es jeweils etwas länger, bis die elektronische Anzeige das Resultat preisgibt: für einen Bruchteil einer Sekunde, und dann steigt die eine Zahl – schwupps – noch um 1 an. Der Stichentscheid der Präsidentin! So geschehen am 13. Juni, zum Thema Europapolitik und Forschung. Wir haben mit 93 zu 92 Stimmen der Motion 22.3012 zugestimmt, die verlangt, dass die Schweiz einen höheren Kohäsionsbeitrag einsetzt und rasche Verhandlungen über die Assoziierung am EU-Forschungsprogramm Horizon aufnimmt. Gerade in der forschungsstarken Region Nordwestschweiz höre ich sehr oft, dass die Schweiz alles daran setzen muss, um wieder an diesen Programmen beteiligt zu sein.
  • Manchmal erleben wir bei der Behandlung persönlicher Vorstösse überraschende Wendungen. So war es beispielsweise bei der Behandlung eines Vorstosses von Edith Graf-Litscher (SP/TG), der Fürsprecherin im Rat für das Therma Komplementärmedizin. Sie forderte, dass der Bund die Komplementärmedizin bei der Bekämpfung von Pandemien stärker einbeziehen. Ihr Vorstoss umfasste vier Punkte. Als Gesamtpaket wäre er sicher gescheitert. Dank der glorreichen Idee, über die vier Punkte einzeln abzustimmen, erreichten zwei Punkte dank der Brücke zwischen Links-Grün und der SVP eine Mehrheit: Die Ergänzung des Pandemieplans sowie die Vertretung der Komplementärmedizin in Fachgremien des Bundes. Aber auch diese Motion muss noch in den Ständerat.
  • Eine Niederlage mussten allerdings engagierte Jugendliche und junge Erwachsene einstecken. Meine Fraktionskollegin Katharina Prelicz-Huber wollte mit der Motion 21.4413 erreichen, dass junge Menschen künftig die Anträge und Petitionen der Jugendsession oder der Kinderkonferenz in der zuständigen Kommission der eidgenössischen Räte vertreten dürfen, dass sie also persönlich angehört werden.  Als ehemaliger Präsident der Kinderlobby Schweiz, welche schon damals die jährliche Kinderkonferenz organisierte, hat mich das Resultat (98 zu 67 bei 7 Enthaltungen) enttäuscht, denn Gegenargumente gibt es eigentlich keine.