Die Parlamentarische Gruppe Velo lud am Dienstagabend, 7. Juni 2022 zu einer Ausfahrt ein, wie immer am Dienstag der zweiten Sessionswoche. Am gleichen Abend waren auch jene Parlamentsmitglieder, die gerne singen, zum gemeinsamen Chorsingen eingeladen. Und am 16. Juni über Mittag lud die Parlamentarische Gruppe (PG) Musik zu «Musik im Bundeshaus» ins hauseigene Restaurant «Galerie des Alpes» ein. Am Vorabend hatte die PG Bienen zu einer Exkursion nach Zäziwil im Emmental und zum Besuch der dortigen Bienenzucht eingeladen, mit anschliessendem Pizzaessen im Restaurant Bahnhof.

Auf den ersten Blick könnte der Eindruck entstehen, dass Parlamentarische Gruppen jene Mitglieder des National- und Ständerats vereinen, die gemeinsame Freizeitinteressen und Hobbies teilen. Dass es sich bei den meisten Parlamentarischen Gruppen um handfesten Lobbyismus handelt, hat sich für mich erst als bereits gewählter Nationalrat erschlossen. Zur Illustration: Die Einladung der parlamentarischen Gruppe Bienen wurde von apisuisse / Bienen Schweiz verschickt. Und wer hat bisher die PG «Fahrlehrer/innen/ Fahrausbildung» vermisst? Sie ist nun endlich gegründet und hat sich am 8. Juni abends erstmals zum Apéro getroffen, eingeladen vom Schweizerischen Fahrlehrerverband SFV und seinem Pendant  aus der Romandie.

Vor allem die Mittagszeiten während der Session sind hart umkämpft. Beispielsweise am Dienstag 14. Juni: Gleichzeitig wurden wir von der PG Mehrsprachigkeit, von der PG Tierschutz, von der PG Pflege (Sekretariatsadresse bei Spitex-Privée) sowie von der Organisation Interpharma eingeladen. Tags darauf war es nicht einfacher, sich über Mittag zu entscheiden: Wir erhielten Einladungen von der PG Christ und Politik (präsidiert vom ehemaligen Solothurner Nationalrat Philipp Hadorn), der PG Erneuerbare Energien, dem Landwirtschaftlichen Club (es ist DAS wirkungsvolle Instrument des Schweizerischen Bauernverbandes) sowie von LITRA, dem Informationsdienst für den öffentlichen Verkehr. Hier habe ich mich angeschlossen – am einzigen Mittag der letzten Sessionswoche, an dem ich nicht einem Kommissions- oder Fraktionstermin den Vorzug geben musste, denn diese finden oft ebenfalls zur gleichen Zeit statt.

Das Spektrum der Themen und der Organisationen, die in den Parlamentarischen Gruppen  repräsentiert sind, ist gross. Sowohl «linke» als auch «rechte» Anliegen sind breit vertreten, wenn man diese Gegenüberstellung bemühen will. Viele PG’s haben ein Co-Präsidium mit 2 bis 6 Mitgliedern: Dabei wird gut darauf geachtet, dass das Spektrum von grün bis blau vertreten ist. Als Beispiel: Am 7. Juni wurde die PG «Förderung der wissenschaftlichen Nutzung von Cannabis» gegründet, das Co-Präsidium bilden Kathrin Bertschy (glp), Barbara Gysi (SP), Greta Gysin (GRÜNE), Philippe Nantermod (FDP) und Heinz Siegenthaler (Die Mitte).

Die Themen, zu denen informiert wird, haben oft einen engen Bezug zur aktuellen Traktandenliste. So hatten wir in dieser Sommersession an zwei aufeinander folgenden Tagen Einladungen zum Thema «Bauen ausserhalb der Bauzonen»: Zuerst auf gemeinsame Einladung der PG Natur-und Heimatschutz sowie der PG Biodiversität (ich konnte teilnehmen und lernte dazu), tags darauf von der PG Raumentwicklung. Der Ständerat hatte in derselben Woche die 2. Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes zu beraten, bei der es um das Bauen ausserhalb der Bauzonen geht.

Für mich steht ausser Zweifel: Parlamentarische Gruppen erfüllen eine wichtige Aufgabe in der Entscheidungsfindung in Bundesbern. Es kommt jeweils viel Fachkompetenz zusammen, und es sind wichtige Chancen für einen persönlichen Austausch, auch wenn er oft nur kurz ist. Gleichzeitig ist wichtig zu erkennen, dass es um Interessenvertretung geht. Dagegen ist nichts einzuwenden, im Gegenteil. Aber mir ist daran gelegen, dass ich zur Transparenz beitragen kann.

Auf der Webseite des Parlaments sind alle PG’s alle Parlamentarischen Gruppen (zur Zeit rund 120) samt ihrem Präsidium, Sekretariatsadresse und ihren Mitgliedern aufgelistet.