Die Arbeit der Finanzkommission steht selten im Rampenlicht. Es war schon eine grosse Ausnahme, als am 2. Juni morgens um 8:00 Uhr ein ganzer Trupp Medienleute mit Kamera und Mikrofon vor der Türe zum Kommissionszimmer warteten. Was war geschehen?

Der Ringkampf zwischen dem Nationalrat und dem Ständerat in Sachen Corona-Impfstoffbeschaffung kam so richtig in Schwung. Entschieden wurde er erst 8 Tage später, nach dreimaligem Hin und Her – zugunsten des «sparsameren» Ständerats. Und dreimal mussten wir, die Finanzkommission, die neue Sachlage bewerten und klären, wie wir uns zu den verbleibenden Differenzen positionieren. Da kann es schon mal vorkommen, dass wir bereits um 6:15 Uhr antraben mussten, oder dass die Mittagspause von 2 Stunden auf 10 Minuten schrumpft.

Das Thema hat mich persönlich sehr umgetrieben – auch als Politiker der GRÜNEN. Denn die Sache ist nicht ganz einfach. Auf den ersten Blick scheint es klar: Ich will, wir wollen, dass die Versorgungslage der Bevölkerung keinesfalls gefährdet wird, auch dann nicht, wenn sich die Coronakrise wieder verschärfen würde. Also 2×7 Millionen Impfdosen für das Jahr 2023 bestellen und die Verträge mit Moderna und Pfizer sofort abschliessen, damit die Schweiz den jeweils neusten Impfstoff dann auch rechtzeitig bekommt. So will es der Bundesrat, so hatte er verhandelt, und es ging nur noch darum, dass der Satz «vorbehältlich Genehmigung durch das Parlament» aus dem Vertrag gelöscht werden könne.

Allerdings: Die Schätzungen, wann wieviel Impfdosen benötigt wurden, erfolgten während des Höhepunkts der Omikron-Welle. Damals entschloss sich der Bundesrat sicherheitshalber zu einer «redundanten» Beschaffung: die doppelte Menge des voraussichtlich Benötigten. Langezeit ging die Schweiz ja davon aus, dass sie dann die nicht verabreichten Impfdosen an andere Länder weitergeben könnte. Das geht jedoch je länger je weniger, weil inzwischen weltweit viele Impfstoffe noch unverbraucht sind. Bereits im Februar mussten einige Millionen Dosen vernichtet werden. Aktuell wird viel weniger geimpft: Ein Grossteil der Mengen für das laufende Jahr wird wohl verfallen. Wäre es da nicht auch aus Sicht der GRÜNEN nötig zu bremsen und deutlich weniger Impfstoffe zu beschaffen? Wenn am Schluss ein grosser Teil liquidiert werden muss, kostet das nicht bloss viele Millionen, es ist auch ein verrückter Material- und Energieverschleiss. Das war die Position des Ständerates, der die Menge für 2023 halbieren will. Ich hatte zwar nicht zugestimmt – auch weil es bewirkt, dass die Verträge neu ausgehandelt werden müssen und der Preis dadurch wohl nochmals steigt – aber ich habe Verständnis für diese Haltung. Es ist vertrackt, und es zeigt, wie abhängig unser Land in diesen Entscheidungen von Weltkonzernen ist.

Der zweitletzte Sessionstag begann also mit der Einigungskonferenz: Je 13 Mitglieder der national- und der ständerätlichen Finanzkommission. Die Position der kleinen Kammer für den halbierten Betrag setzte sich knapp durch. Zurück im gesamten Nationalrat passierte dann, was zu erwarten war: Die grosse Kammer lehnte das Ergebnis der Einigungskonferenz mit 100 zu 83 Stimmen bei einigen Enthaltungen ab. Da sich bei Uneinigkeit jedoch der tiefere Betrag automatisch durchsetzt, ist der Ständerat trotzdem Sieger nach Punkten – und der Bundesrat muss zähneknirschend neu verhandeln.