Eines der wichtigsten Geschäfte der Sommersession im Nationalrat war die Beratung der AHV-Revision unter dem Titel AHV 21 (19.050). Im Frühjahr hat der Ständerat vorgelegt. Was nun nach der ersten Beratungsrunde im Nationalrat als Zwischenergebnis vorliegt, dürfte nach meiner Einschätzung in der Volksabstimmung einen schweren Stand haben. GRÜNE und SP haben sich dafür gewehrt, dass die Revision nicht allein die Frauen trifft. Persönlich habe ich versucht, den Boden dafür zu bereiten, dass die Schweiz für die Finanzierung der Sozialversicherungen eine neue Quelle erschliessen kann: eine Börsentransaktionssteuer,

Es trifft zweifellos zu: Würde die AHV erst heute erfunden, dann käme wohl niemand auf die Idee, für Frauen und Männer unterschiedliche Rentenalter einzuführen. Aber wir müssen von der Realität ausgehen: Die Frauen haben rund ein Drittel weniger Rente als die Männer. Wenn jemand daran erinnert, dann kommt postwendend die Antwort: Das liegt an der zweiten Säule! Bei der AHV-Rentenhöhe gibt es kaum Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Ja, auch das stimmt. Aber leider ist es vor ein paar Jahren misslungen, was Bundesrat Berset angestrebt hatte: Eine gleichzeitige Reform der ersten und zweiten Säule. Darum bleibt uns nichts anderes übrig, als Schritt für Schritt vorzugehen.

Mir fällt auf, dass man auch jetzt, mit der AHV 21-Vorlage, zwei Ziele gleichzeitig erreichen will, die sich jedoch «beissen»: Man will einerseits ein Finanzloch stopfen – zumindest vorläufig, bis Ende 2030 – und man will andererseits die Geschlechtergleichbehandlung erreichen. Wenn wir dabei alleine in den alten Bahnen denken, dann passiert unweigerlich das, was jetzt passiert ist: Die Frauen sollen es richten. Ihr Rentenalter soll erhöht werden, damit sie ein Jahr länger Beiträge einzahlen und ein Jahr später Rente beziehen. Zwar suchen die Räte nach einer Abfederung für die Frauen der Übergangsgeneration, aber immer dann, wenn ein Vorschlag für eine bessere Abfederung kommt, heisst es sofort: Dann entfernen wir uns vom Sanierungsziel!

Die Krux liegt meines Erachtens darin, dass bisher zu wenig Fantasie darauf verwendet wird, was eine kluge künftige Finanzierung der AHV (und weiterer nationaler Sozialwerke) sein könnte. Die bisher wichtigste Finanzquelle sind die Lohnprozente. Die Bereitschaft, sie zu erhöhen, stösst auf viel Widerstand. Eine weitere Quelle sind Anteile der Mehrwertsteuer. Hier ist zwar vorgesehen, sie zweckgebunden um ein paar Promille anzuheben. Aber der Bundesratsvorschlag von 0.7 Prozent ist längst aus Abschied und Traktanden; Stände- und Nationalrat ringen nun um 0.3 oder 0.4 Prozent. Das reicht natürlich nicht weit: Das Finanzloch wird sich schnell wieder öffnen.

Darum habe ich versucht, mit einem Einzelantrag eine neue Quelle zu erschliessen: Die Einführung einer Börsen-Transaktionssteuer von einem Promille. Die Idee ist nicht neu. Sie wird international diskutiert. Einer der grossen Vorteile einer Mikrosteuer auf Transaktionen an der Börse ist die administrative Einfachheit: Ein und derselbe Satz gilt für jede Transaktion, die an der Schweizer Börse getätigt wird, unabhängig von der Betragshöhe, unabhängig vom Wohnort derjenigen, die diese Transaktion auslösen. Chefökonomen von Schweizer Grossbanken haben bereits offiziell Position bezogen und eine Transaktionssteuer als gangbaren Weg für die künftige Mitfinanzierung der sozialen Sicherheit bezeichnet. Interessant ist auch, dass im März der Walliser Mitte-Ständerat Beat Rieder zu diesem Thema das Postulat «Finanzierung der AHV durch eine Finanzmarkttransaktionssteuer» (21.3440) eingereicht hat. Der Ständerat hat dieses Postulat bereits seiner zuständigen Kommission zur Vorprüfung zugewiesen. Aber im Nationalrat war die Zeit für meinen Antrag leider noch nicht reif.