Das Wichtigste, was die Schweiz meiner Ansicht nach tun kann und tun muss: Sie soll sich mit aller Kraft für die Stärkung der internationalen Organisationen einsetzen, welche Hüterinnen der Menschenrechte und der Friedensbemühungen sind. Hier kann unser Land sein Potenzial ausspielen. Aufrüstung ist die falsche Antwort. Und ähnlich falsch wäre eine Benzinpreis- oder Heizöl-Subventionierung.

Sehr bald, nachdem die russische Armee in die Ukraine eindrang, erschall in unserem Land der Ruf nach Aufrüstung. Doch glaubt irgendjemand ernsthaft, es hätte Putin gekümmert, wenn die Schweiz ein jährliches Budget von 7 statt 5 Milliarden Franken für die Armee hätte oder wenn unsere Armee 120’000 statt 100’000 Soldaten stellen würde (Nebenbei bemerkt: Die Schweizer Armee hat aktuell zwar einen Sollbestand von 100’000, faktisch sind es aber immer noch 140’000). Es hätte den Aggressor genauso wenig beeindruckt, wenn die Schweiz neue Kampfflugzeuge bereits beschafft hätte.

Unter anderem deshalb war es ein unverzeihlicher Fauxpas unserer Verteidigungsministerin, Bundesrätin Viola Amherd, zu verlangen, dass die Volksinitiative zur Verhinderung des F-35 Kampfjets abgebrochen werden soll. Der F-35 ist und bleibt das falsche Flugzeug für die Schweiz – aus mindestens drei Gründen: Erstens fliegt der amerikanische Geheimdienst bei jedem Flug mit. Zweitens handelt es sich um ein Angriffsflugzeug, prädestiniert für Attacken auf Ziele ausserhalb unseres Territoriums, was jedoch unserer Verfassung zuwiderläuft. Zur Verteidigung des eigenen Luftraums ist dieser schwere Flieger schlecht geeignet. Und drittens ist er unglaublich laut, noch viel lauter als die bisherigen FA-18. Darum ist es notwendig, dass die Unterschriftensammlung zum Erfolg führt. Es gibt Alternativen für die luftpolizeilichen Aufgaben der Schweiz und die Bekämpfung von Angriffen aus der Luft.

Der Ruf nach Aufrüstung lenkt die Aufmerksamkeit in eine falsche Richtung. Was jedoch ist die richtige Richtung? Bei uns ist die Wiege der internationalen Völkerverständigung: Wir haben den Palais des Nations in Genf. Die UNO ist die weltumspannende Organisation, welche für die Wahrung der ungeteilten Menschenrechte einsteht, für die Bemühungen um Frieden, für die Wahrung des Völkerrechts. Klar tut es weh zu erleben, dass bei einem Krieg wie dem aktuellen auch die UNO keine Chance hatte, das Unheil abzuwenden. Gleichwohl haben wir nur diese Option. Und wir haben weitere friedensfördernde internationale Zusammenschlüsse, zu deren Stärke die Schweiz entscheidend beitragen kann: die Unterorganisationen der UNO, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), der Europarat, der internationale Strafgerichtshof in Den Haag. Es kostet Geld und Know-how, sich zugunsten dieser Organisationen zu engagieren. Das muss es uns wert sein.

Eine andere Debatte, die letzte Woche im Bundeshaus so richtig aufschwappte, war diejenige um die steigenden Energiepreise. Der Teuerungstrend hatte zwar schon vorher eingesetzt, aber mit der unsicheren Versorgungslage als Folge des Kriegs sind die Preise zum Teil stark in die Höhe geschnellt. Sehr bald ertönte der Ruf nach staatlicher Korrektur, namentlich der Preise für Gas, Benzin und Diesel. Insbesondere einkommensschwache Haushalte müssten entlastet werden, wurde «sozialpolitisch» argumentiert. Ich halte das für einen verkehrten Weg.

Wir GRÜNE verweisen seit Jahren und gut begründet darauf hin, dass Energie zu billig sei. Erst wenn die externalen Kosten internalisiert werden, zahlen wir für die Energieträger einen angemessenen Preis. Sozialpolitisch sorgsam zu argumentieren heisst für mich nicht, dass zu Billiges weiterhin billig sein soll oder für Menschen mit geringem Einkommen verbilligt werden soll. Sozialpolitisch argumentieren heisst aus meiner Sicht: Es braucht faire Löhne, Mindestlöhne, faire Renten, gute Sozialversicherungen für den Bedarfsfall (EL, IV, ALV), eine starke Steuerprogression mit ausreichend Steuerfreibeträgen, mehr Prämienverbilligungen (solange wir das Kopfprämiensystem nicht überwinden können). Alle Menschen sollen so viel Geld zur Verfügung haben, dass sie die effektiven Energiepreise zahlen können.