Es ist leider dramatischer als manche annehmen
Leserbrief zuh. Redaktion SZ/OT/GT zu diversen Artikeln zur Abstimmung vom 22. Sept. 2024 über die Biodiversitätsinitiative
Mir fällt in Gesprächen über die bevorstehende Abstimmung auf, dass viele Menschen der Ansicht sind, die Schweiz sei doch in Sachen Biodiversität gut unterwegs. Sie verweisen zum Beispiel darauf, was die Bäuerinnen und Bauern in den letzten Jahren bereits unternommen hätten. Das verdient in der Tat Respekt. Aber die Wahrheit tut weh: Im Vergleich zu anderen Ländern steht es sehr schlecht um die Artenvielfalt in der Schweiz. Der Artenschwund geht noch viel rasanter voran als in anderen Ländern. Ein Drittel aller Arten ist gefährdet. Schlimm steht es um Insekten, ohne die viele Kulturpflanzen nicht auskommen. Wie ist es dazu gekommen? Wir haben insbesondere im Mittelland ausserhalb der Wälder nur noch verschwindend kleine Flächenanteile, die nicht chemisch behandelt werden. Wo es Biotope hat, sind sie oft isoliert: Es fehlt an Vernetzungsstrukturen, also an Verbindungen zwischen den meist kleinen arteinreichen Parzellen. Viele Pflanzen und Tiere benötigen aber solche Strukturen für ihr Überleben. Wir müssen sie nicht nur im Landwirtschaftsland schaffen, sondern auch in den Siedlungen, entlang von Verkehrsachsen und insbesondere in den zu grossen Gewerbezonen. Qualitativ hochstehende, verdichtete Bauweise schafft Raum für mehr naturnahe Aussenräume. Viele Bäche oder Flüsse sind in ein enges Korsett gepresst: Wir müssen ihnen wieder mehr freien Lauf lassen. Öffentliche Parkanlagen und Einfassungen von Sportplätzen sollten nicht «geschleckt» daherkommen. Sie würden viel Potenzial für die Artenvielfalt bieten. Es gibt viel zu tun, und das Fundament dafür ist unser Ja zur Initiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft».