In meinem letzten Newsletter hatte ich ein paar Hintergründe zur Reform der AHV beleuchtet. Heute hat nun die Schlussabstimmung zur AHV21 stattgefunden – mit erwarteten Resultaten: 125 zu 67 im Nationalrat und 31 zu 12 im Ständerat. Zuvor waren noch Differenzen zwischen den beiden Räten ausgeräumt worden. Noch intensiver haben wir uns in dieser Session mit der Reform der zweiten Säule, der Beruflichen Vorsorge BVG, beschäftigt. Die erste Beratungsrunde im Nationalrat ist vorbei. Und leider sieht es auch für die Pensionskasse nicht gut aus. Die Mehrheit des Nationalrats hat sich von den guten Vorarbeiten bereits wieder verabschiedet.

Wir erinnern uns: 2017 ist in der Volksabstimmung der Versuch des Bundesrates gescheitert, die AHV und die Pensionskasse gemeinsam zu reformieren. Ich bedaure dieses damalige Nein auch heute noch, denn in der Tat sollten wir die Altersvorsorge integral reformieren. Aktuell erfüllt die AHV nicht, was sie gemäss Verfassung sollte: Sie verfehlt das Existenzminimum deutlich. Und die zweite Säule mit der individuell angesparten Rente hat mehrere gravierende, längerfristige Probleme. Eigentlich müsste es darum eine Verschiebung geben: Die erste Säule müsste deutlich dicker, die zweite deutlich schmaler werden.

Die Reform der Beruflichen Vorsorge BVG war vor einem Jahr eigentlich verheissungsvoll gestartet: Der Arbeitgeberverband und die beiden grössten Gewerkschafts-Dachverbände haben sich auf ein gemeinsames Modell geeinigt, und der Bundesrat hat dieses übernommen. Wir GRÜNE stehen ebenfalls dahinter. Da der Umwandlungssatz von 6,8 auf 6 Prozent sinken muss (die weiterhin zu erwartenden tiefen Zinserträge lassen uns eigentlich keine Wahl), was eine Rentenkürzung von 12 Prozent bedeutet, braucht es für eine Übergangsgeneration einen Rentenzuschlag. Gemäss dem Modell der Sozialpartner würde dieser solidarisch finanziert, mit je 0.25 Lohnprozenten sowohl von Erwerbstätigen als auch von Arbeitgebenden. Darauf hat jedoch die bürgerliche Mehrheit im Nationalrat nicht einsteigen wollen. Nach ihr sollen nur etwas mehr als ein Drittel der Versicherten bei der Pensionierung einen Rentenzuschlag erhalten, als Korrektur des generellen Rentenabbaus.

Ich bin gegenüber dieser Reform noch aus einem anderen Grund skeptisch: Wenn sich die Mehrheiten bestätigen, wird die zweite Säule nämlich noch dicker. Ein erster Grund dafür ist die (berechtigte) Entscheidung, den Koordinationsabzug zu halbieren: Künftig soll diese Versicherung nicht erst ab einem Jahreslohn von rund 25’100 Franken greifen, sondern ab rund 12’550 Franken. Das ist wichtig für Menschen in Teilzeitpensen oder mit temporären Anstellungen: Sie sollen endlich auch eine zweite Säule aufbauen können. Ein zweiter Grund ist der Entscheid des Nationalrats, dass man künftig nicht ab 25, sondern bereits ab 21 Jahren in die Pensionskasse einzahlen soll. Wenn wir zudem im Durchschnitt länger berufstätig sind, dann führen alle diese Massnahmen zu noch grösseren Geldmengen. Und diese müssen investiert werden, was zum Beispiel die Immobilienpreise in die Höhe treibt oder nach riskanten Geldanlagen ruft, die nur rentieren, wenn an einer anderen Ecke der Welt jemand die Differenz trägt. Das ist die Krux der zweiten Säule! Die Tausenden von Kassen verschlingen zudem ein Vielfaches an Verwaltungsaufwand im Vergleich zur AHV.

Damit nochmals zurück zur ersten Säule. Die beiden Räte haben die AHV21 am heutigen Schlusstag der Session verabschiedet; SP und GRÜNE waren dagegen. Da der Mehrwertsteuersatz angehoben wird, ist die Volksabstimmung obligatorisch. Ich glaube nicht daran, dass die Vorlage mehrheitsfähig sein wird. Man will zwei Dinge gleichzeitig: eine finanzielle Sanierung sowie das künftig gleiche Rentenalter (Referenzalter) für Frauen und Männer. Wenn man diese beiden Ziele kombiniert, dann kann es nicht anders kommen: Die Frauen zahlen diese Sanierungsetappe! Nur ein Drittel dessen, was sie zusätzlich aufbringen müssen, wird für die Abfederung verwendet.